Innovationstage Albstadt-Sigmaringen 2010

Fünf neue Projekte in vier Tagen

Die Region setzt Technologietrends. Davon konnte man sich bei den Innovationstagen überzeugen: „Mindestens 5 neue Projekte“ hatte Dr. Stefan Engelhard von der IHK Reutlingen als Zielvorgabe für den viertägigen Austausch zwischen Unternehmen und Hochschule vorgegeben. Heraus kamen unter anderem Projektideen zur Satellitennavigation im Logistikbereich oder einem neuartigen Kühlverfahren bei der Metallzerspanung. Auch im neuen Virtual Reality Labor der Hochschule werden gemeinsame Projekte umgesetzt.

Die konkrete und durchaus vielfältige Kompetenz der regionalen Technologieunternehmen zeigte sich schon im Programm der IHK Innovationstage: „Neue Werkzeuge für den Anlagenbau“, „Effiziente Reinräume und Tipps für Zulassungsverfahren“, „Satellitennavigation“ und „Neue Werkstoffe und Verfahren“ lauteten die Themen. Gerade deshalb schätzen global agierende Unternehmen den Austausch mit anderen Unternehmen und den Hochschulen der Region: Aus den branchenübergreifenden Treffen ergeben sich neue Ansätze für ihre Produkte. Daher zeichnete sich die Veranstaltung auch durch eingehende Gespräche im Anschluss an die Präsentationen aus. Nicht selten endeten diese mit einem beherzten: „Das machen wir!“

Soja-Sauce für Milliarden

Ein Großprojekt für China: 69 Behälter mit einer Breite von je 12 Metern und einer Höhe von 18 Metern planen. Inhalt der Behälter: Soja-Sauce. Sauce, deren Menge dem Wasserinhalt eines großen Freibads entspricht. Bei dieser Problemstellung berechnete die Metzinger Lechler GmbH, Hersteller von Präzisionsdüsen, die Durchmischung der Tanks, um die Sedimentation der Sauce zu verhindern. Im Anlagen- und Maschinenbau kommen vermehrt rechnergestützte Verfahren zum Einsatz. Sie ersetzen den Prototypenbau und helfen Fehlverhalten in der Produktion frühzeitig zu erkennen. Mit „Moderne Werkzeuge für den Anlagenbau“ widmete sich der erste Tag der Innovationstage diesem Zukunftsthema. Neben der rechnergestützten Simulationen von Lechler, die die Qualität der chinesischen Soja-Sauce entscheidend beeinflusst, wurden auch andere Methoden vorgestellt. Die Pliezhäusener IT Engineering GmbH, die Albstädter epis Automation und Professoren der Hochschule gaben Einblicke in ihre aktuellen Arbeiten. So berichtete Professor Thomas Eppler vom Institut für Angewandte Forschung von einem Projekt für den Lebensmitteleinzelhandel, das gemeinsam mit einem regionalen Waagenhersteller umgesetzt wurde. Dabei wird unterschiedliches Obst wie Bananen oder Äpfeln zuverlässig unterschieden und entlastet Kunden und Kassiererinnen beim Wiegevorgang.

Saubere Innovation, unnötige Belastung

Reinräume zu betreiben und gesetzliche Vorgaben bei der Produktion und Entwicklung von Medizinprodukten einzuhalten, sind die großen Kostenfaktoren der Life Sciences Branche. Dieser Herausforderung müssen sich die Medizintechnikunternehmen stellen. Allerdings wurde, zu Recht, moniert, dass einseitig verschärfte Bedingungen zu Lasten kleiner innovativer Unternehmen gehen. In diesem Zusammenhang berichteten Unternehmen sowie Hochschulprofessoren beim Innovationstag „Effiziente Reinräume und Tipps für Zulassungsverfahren“ von ihren Erfahrungen. Norbert Otto von der Rottenburger C-tec GmbH zeigte typische Fehlerquellen in Reinräumen auf, „die schnell mal die Stromrechnung um 100 000 Euro im Jahr ansteigen lassen.“ Fehler sind zudem menschlich, deshalb sei die häufigste Verunreinigungsquelle in Forschungslaboren auch der Mensch. Wie hier sicheres Arbeiten ermöglicht werden kann, zeigte Dr. Steffen Hüttner von der Tübinger Höller & Hüttner AG, indem er neue Automatisierungsprozesse vorstellte. Die Medizinprodukte standen ganz im Zeichen des neuen Medizinproduktgesetzes und der damit verbundenen Zulassungsverfahren. Selbst für die Produktweiterentwicklung, wie die eines Stents, sind nun Tierversuche von Nöten. „Bis vor drei Monaten reichte dafür noch eine Literaturrecherche“, so Axel Grandt von der Rangendinger Abbott Vascular Instruments Deutschland GmbH. Die Retina Implant AG muss auf Grund dieser Gesetzesnovelle ihren Augenchip jetzt einer doppelten Prüfung unterziehen lassen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und die Ethikkommission prüfen nun die Studien. „Klinische Studien haben bisher sicher funktioniert“, wunderte sich Dr. Anusch Hekmat vom jungen Reutlinger Medizintechnikunternehmen über diesen bürokratischen Hürdenlauf.

Neue Materialien im Fokus

Haargenau ist so was wie ein Schlüsselwort im Maschinenbau. Genauigkeiten, die den Durchmesser eines Haares um ein Fünfzigstel unterschreiten, sind im modernen Maschinenbau die Regel. „Das ist soviel, wie der Bartwuchs eines Mannes in 10 Minuten“, trieb Matthias Oettle von der Tübinger Paul Horn GmbH den beliebten Haarvergleich auf die Spitze. Die Mikro- und Nanotechnik revolutioniert die heutige Industriewelt. Beispiel: Die Lebensdauer eines typischen Werkzeuges der Reutlinger Wafios AG wird durch eine entsprechende Beschichtung wesentlich erhöht. „Statt nach 3 000, müssen diese Werkzeuge erst nach 60 000 produzierten Teilen ausgetauscht werden“, so Jörg Eisele vom Maschinenhersteller für Drahtverarbeitung. Ebenfalls feine Miniteilchen macht sich die Münsinger HPM Technologie bei der Trockenzerspanung zu Nutze: Sie kühlen Dank ihrer riesigen Oberfläche um ein Vielfaches besser als herkömmliche Verfahren. Neben der Welt der kleinen Dimensionen wurden auch andere Werkstoffe diskutiert. Magnesium zum Beispiel, das man sonst nur vom Turnsport her oder in Tablettenform kennt, war bislang ein unterschätzter Werkstoff. „50 Prozent Gewichtseinsparung bedeuten für eine Bohrmaschine 800 Gramm weniger Gewicht im Vergleich zu einer Bohrmaschine mit Aluminiumgehäuse“, macht Dr. Carlo Bark von der Schömberger C&C Bark Metall-Druckguss und Formenbau GmbH den großen Vorteil des Werkstoffes Magnesium deutlich. Materialien wie diese und die neuen Verfahren tragen zur Verbesserung der Umwelt bei und helfen Energie einzusparen.